Wo arbeiten wir besser – in der Ruhe des Homeoffice oder im kreativen Durcheinander des Grossraumbüros? Bis vor Kurzem standen die Zeichen klar auf Heimarbeit. Doch nun stellt ausgerechnet IBM alles auf den Kopf und beordert seine Mitarbeitenden wieder zurück ins Büro.
Wer im Homeoffice arbeitet, kann den Anzug oder das Deuxpièces getrost im Schrank hängen lassen und im Morgenmantel an den Computer sitzen. Zudem gewährleistet die Heimarbeit gemäss Experten eine höhere Arbeitsmotivation, fördert die Produktivität und kostenbewusste Unternehmen können dadurch ihre oft teuren Büroräume redimensionieren. Kein Wunder also, gilt Homeoffice aufgrund der hohen Flexibilität und wegen der motivierten Mitarbeitenden seit Längerem als Königsweg in der „neuen“ Berufswelt.
IBM schafft Homeoffice ab
Dass ausgerechnet der IT-Konzern IBM, dessen Mitarbeitende schon seit den 1980er-Jahren zu Hause arbeiten können, eben dies nun wieder abschafft, erstaunt doch einigermassen. Gemäss einem Bericht von 20 Minuten im März 2017 führt IBM als Begründung dasselbe Argument ins Feld, wie bei der Einführung des Homeoffice: um die Produktivität zu steigern. Es sei Zeit, die Teams zusammenzubringen und Schulter an Schulter zu arbeiten. Im Büro könne kreativer und effizienter gearbeitet werden und das sei nötig, um es mit Rivalen wie Microsoft oder den Silicon-Valley-Firmen aufzunehmen, wird die Marketingchefin Michelle Peluso in dem Bericht zitiert.
Keine überraschende Trendwende
Ja, was nun? Ganz überraschend kommt die Trendwende allerdings nicht. Vor allem bei Tech-Firmen wie Google, Apple und Co. ist Heimarbeit längst passé. Die Büroräumlichkeiten werden aufgepeppt und bieten vom Tischtennis über die Ruhezone bis zum Gratisessen oder Massageräumen alles, was das Mitarbeiterherz begehrt. Fehlt nur noch die Matratze unter dem Tisch, dann gibt’s bald keinen Grund mehr, nach Hause zu gehen.
Barbara Josef, Expertin für neue Arbeitsformen und Mitinhaberin der Zürcher Beratungsfirma 5to9 vertritt im WK-Interview den Standpunkt, dass wir in Zukunft immer weniger Zeit im Büro verbringen werden und man die Wahl des Arbeitsortes am besten den Mitarbeitenden überlässt. Zu den aktuellen Vorgängen bei IBM meint sie:
„Ich sehe das nicht als Gegentrend, sondern es zeigt, dass die Firmen ganz unterschiedlich weit sind. Während die einen erst beginnen, mit neuen Arbeitsformen zu experimentieren, ziehen andere bereits Bilanz und machen sich Gedanken darüber, wie sie mit den neuen Chancenfeldern und Risiken umgehen wollen – basierend auf den bereits gesammelten Erfahrungen.
Dieser Reifeprozess ist wichtig und notwendig, damit Firmen und Mitarbeitende gleichermassen von den laufenden Veränderungen profitieren. Die Situation von IBM kann ich als Aussenstehende nicht kommentieren. Ganz generell frage ich mich aber schon, wie es überhaupt zu einem Zustand kommen kann, der ein derart radikales Eingreifen erfordert. Flexible Arbeitsformen haben das Ziel, Agilität und Autonomie zu fördern, ohne dass dabei der Teamzusammenhalt und die Identifikation mit der Organisation leiden. Genau hier sind die Führungskräfte gefordert – ihre Rolle hat sich längst vom Galeerentrommler zum Animator und Community Manager gewandelt.“
Was machen Sie für Erfahrungen? Nutzen Sie das Homeoffice und schätzen Sie die Ruhe und das konzentrierte Arbeiten in den eigenen vier Wänden? Oder fehlt Ihnen der Austausch mit anderen?
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