Wertewandel, individuelle Lebensentwürfe und die stete Suche nach Lebensqualität bei steigendem Leistungsdruck stellen hohe Anforderungen an uns. Wie kann man sich als Arbeitnehmende gezielt weiterentwickeln, um auch in Zukunft „jobfit“ zu bleiben? Ein Interview mit Daniel Beyeler.
Was ist „Selbstführung“ und wieso ist sie heute so wichtig?
Es besteht heute ein breiter Konsens, dass Selbstführung im digitalen Zeitalter an Wichtigkeit gewinnt. Im Kern geht es dabei um Selbstwahrnehmung, Selbstregulation, Selbstmotivation, Selbstentwicklung und Übernahme der persönlichen Verantwortung. Durch bewusstes, selbstreflektierendes Suchen und Entscheiden kann es gelingen, den Ausgleich zwischen Leistungsdruck und Lebensqualität optimal zu gestalten.
Welches sind für Arbeitnehmende unerlässliche Fragen, um der inneren Haltung und den persönlichen Entwicklungspotenzialen auf den Grund zu gehen?
Jene, die auch für eine „klassische“ Standortbestimmung gelten: Fragen nach der eigenen Identität (Woher komme ich, wo stehe ich, wo gehe ich hin?); Fragen nach Wünschen, Neigungen, Kompetenzen und eigenen Grenzen (Was macht mir Freude, was gibt mir Energie? Was vermeide ich?); Leistungswille, Leistungs- und Leidensfähigkeit realistisch einschätzen, inklusive der eigenen Risikofähigkeit (Welches sind meine Stärken und Schwächen?). Nicht zuletzt ist ein Abgleich des persönlichen Kompetenzportfolios mit den nachgefragten Kompetenzen vorzunehmen und die Frage zu stellen, wie ich Lücken schliessen oder kompensieren kann.
Wie hält man sich in der Arbeitswelt 4.0 „jobfit“?
Das ist stark abhängig von der jeweiligen Branche, Funktion und Person. Generell sind folgende Kompetenzen wichtig: Kommunikation (inkl. „Neue Medien“) und Zusammenarbeit in multikulturellen Teams, kollaborative Führung und professionelles Projektmanagement, Informatikwissen, insbesondere in Datenanalyse und -management, Programmieren von Algorithmen. Was immer hilft: Sprachkenntnisse und die (arbeitsmässige) Auseinandersetzung mit fremden Kulturen. Und zuletzt, der Wille und die Kraft, die Komfortzone zu verlassen und sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Wie gehen Sie diese Herausforderung persönlich an?
Indem wir dem Leidensdruck eine realistische Perspektive gegenüberstellen, aber auch mit gesundem Egoismus aktiv Grenzen ziehen. Dazu braucht es Selbstvertrauen in die eigenen Stärken und Fähigkeiten sowie viel achtsame Selbstreflektion und eine Prise Gelassenheit.
Warum Gelassenheit?
Weil 4.0 unseres Erachtens zum Hype stilisiert wird und deshalb Berichte und Prophezeiungen naturgemäss überzeichnet sind. Warum Achtsamkeit? Weil wir uns mit neuen Technologien neugierig und mit einer positiven Grundhaltung auseinandersetzen sollten. Von grosser Bedeutung ist dabei das „Boundary Management“, die Fähigkeit, ein geschicktes, bewusstes Abgrenzen beispielsweise in Bezug auf unsere Verfügbar- und Erreichbarkeiten.
Tipps für jene, die sich vertieft mit diesem Thema auseinandersetzen möchten…
… im Netz:
– IAP Studie 2017. Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0
– Weissbuch Arbeiten 4.0. Bundesministerium für Arbeit und Soziales. 2017
– Bildungsbericht Schweiz 2018
Zwischen zwei Buchdeckeln…
… „Next practice“. Erfolgreiches Management von Instabilität – Veränderung durch Vernetzung von Peter Kruse, Verlag Gabal.
Zur Person
Daniel Beyeler und Markus Bachofen Rösner leiten die Futurum Management GmbH. Sie beraten und begleiten Firmen in Transformations- und Entwicklungsprozessen. Am 2. Juli ist Daniel Beyeler zu Gast bei uns im Kaufleuten. Melden Sie sich jetzt für die Veranstaltung «Wo bleibt mein ICH in der Arbeitswelt 4.0» an.
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