Sich zum Selbstzweck an die Schulbank zu setzen, macht für Caroline Schultheiss keinen Sinn. Stattdessen plädiert die Laufbahnberaterin vom Kaufmännischen Verband Zürich für ein analytisches Vorgehen mit der ehrlichen Selbstbeantwortung etlicher Fragen, um aus einer Weiterbildung wirklich den maximalen Mehrwert zu ziehen.
Sich weiterbilden gehört heute zum guten Ton in der Berufswelt. Gibt es eine Art ungeschriebener Kodex, in welchen zeitlichen Abständen man sich ab einer gewissen Position einer neuen Weiterbildung widmen sollte?
Ein Kodex ist mir nicht bekannt, allerdings veraltet Wissen heutzutage recht schnell. Daher ist es sinnvoll, sich regelmässig weiterzubilden, um dran zu bleiben, d.h. seine Arbeitsmarktfähigkeit (Employability) hoch zu halten. Momentan herrscht schon fast ein Weiterbildungshype, das ist korrekt. Es ist ein riesiges Business geworden, dadurch steigt natürlich auch der Druck auf die Arbeitnehmenden. Vielfach vergisst man, dass Weiterbildung nicht nur in einer Schule/Institution stattfinden kann: Wenn ich Fachliteratur lese, Referate und Veranstaltungen besuche, bilde ich mich auch weiter. Und natürlich kann ich mich auch on-the-job weiterbilden, indem ich neue Tools oder Computersysteme einsetze, mich mit Experten austausche oder mich in meinem Fachbereich up-to-date halte.
Besteht nicht die Gefahr, dass sich Menschen aus Imagegründen für eine Weiterbildung anmelden, die ihnen aber faktisch ausser Kosten und Zeitverlust kaum etwas bringt?
Es ist wichtig, dass ich für mich vor einem Weiterbildungsentscheid folgende Fragen beantworte: Weshalb möchte ich eine Weiterbildung machen? Was möchte ich mit der Weiterbildung erreichen? Möchte ich einen anerkannten Abschluss machen oder spezielle Kompetenzen gezielt erweitern? Ich hatte letzthin eine Klientin, die an der PR-Fachfrau und einem CAS an einer Fachhochschule interessiert war. Sie hat Gespräche mit der Studiengangsleitung geführt, hat den Lehrplan studiert und ist schliesslich in eine Unterrichtsstunde hineingesessen. Erst damit war für sie die Entscheidung klar. Und nicht zu vergessen: Viele Wege führen nach Rom. Es gibt in den wenigsten Fällen nur diese eine „richtige“ Weiterbildung.
Welche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sollten aus Ihrer Sicht zwingend gegeben sein, damit sich die Investition in eine Weiterbildung auch wirklich lohnt?
Das Interesse und die Motivation am Thema ist für mich das Wichtigste. Welche Fähigkeiten und Kompetenzen sind bei mir vorhanden, welche möchte ich erwerben oder sind für meinen Job wichtig? Bei den Rahmenbedingungen ist sicherlich die Zeit relevant, dass man die Abwesenheiten am Arbeitsplatz und in der Familie vorgängig plant und sich Gedanken macht über Zeitfenster zum Lernen. Dann ist natürlich die Frage der Kosten wichtig: Zahle ich die Weiterbildung selbst? Unterstützt mich mein Arbeitgeber?
Das Interview führte Robert Wildi für das Fachmagazin MK Marketing & Kommunikation.
Der 2. Teil des Interviews folgt am 10. Juli 2019…
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